
Einige Zeit ist nun seit dem „Firewalk“ vergangen und man realisiert von Tag zu Tag das ganze Abenteuer klarer.
Als ich damals mit Robert über meine Idee des diesjährigen 100Km-Marsch geredet hatte, war er natürlich sofort wieder mit an Board. Wir wollten damit ein Zeichen setzen fürs Ehrenamt. Auch Robert ist für so etwas immer zu haben. Schließlich machte er auch schon an zahlreichen Benefizveranstaltungen und Spendenläufen mit.
Auf die Idee bin ich ein wenig über einen Bericht des 2016 durch Kai Eichler aufgestellten Weltrekord in ebenfalls kompletter Feuerwehrmontur gekommen. Nach 22 Stunden und 55 Minuten holte sich der Kamerad damals den Weltrekord.
Unter https://rekord-institut.org/feuerwehrmann-marschiert-100-km-weltrekord/ kann man diesen Rekord offiziell einsehen.
Andreas Michalitz, Feuerwehrler aus Österreich knackte im Februar 2017 bereits diesen Rekord mit einer sagenhaften Zeit von 15 Stunden und 10 Minuten. Andreas war für meinen Begleiter Robert Wimmer kein unbeschriebenes Blatt. Er kannte den Ultradistanzsportler schon von einigen Wettkämpfen. An diese Zeiten kann man natürlich nicht anknüpfen, zudem man zwischen Marschieren und „joggen“ enorm distanzieren sollte.
Jedenfalls egal wie, waren die Berichte für mich ein Anstoß, dies auch zu probieren und eine neue Herausforderung zu haben. Natürlich auch, auf das enorm wichtige Ehrenamt hinzuweisen.
In Feuerwehruniform und Pressluftatmer laufen sicherlich mehrere Kameraden auf Marathons und sonstigen Sportveranstaltungen, gerade wenn es im Bereich der Feuerwehrfitness ist. Aber generell tragen über weitere Strecken die Sportler hierbei Sportschuhe.
Die Herausforderung, das Ganze wie die beiden Rekordler, in absolut originaler Einsatzbekleidung zu machen, mitsamt den Einsatzstiefeln, war für mich zum Abschluss des Jahres 2019 ein gefundenes Fressen.
Wie auch bei meinen anderen Touren, versuche ich solche Sachen immer ohne große Trainingseinheiten zu machen. Irgendwie wird das schon gehen – denke ich mir zumindest. Das Datum, der 28.12. stand relativ schnell fest, die Strecke plante ich wieder über Komoot.
Der Streckenverlauf ist hier einzusehen: https://www.komoot.de/tour/107158474?ref=wtd
Geplant habe ich nur den Hinweg, also 50 km einfach, da wir die identische Strecke wieder zurückgegangen sind.
Meine Einsatzstiefel der Marke „Haix“, Modell „Fire Eagle“ welche mir ca. 1,5 Nummer zu groß sind, da ich sie mir für den Einsatz lieber ein wenig größer zugelegt habe, waren schon der erste Teil der Ausrüstung, die ich benötigte. Die Atemluftflasche konnte ich mir von einem Kameraden aus Zirndorf borgen, der auch bei den „Rangau Firefighters e.V.“ ist. Die Uniform und den Helm konnte ich über ausgemusterte Uniformen aus Feuerwehrbestand erhalten.
Mit Robert habe ich 2 Wochen vor dem eigentlichen Marsch am Abend schnell einen 30 km Testmarsch gemacht, da ich nicht wusste, wie die Uniform in Vollausrüstung mich beim Marschieren beeinträchtigt. Neben den üblichen Blasen, welche mich auch am 28.12. begleiteten, kamen wir gut voran und konnten nach 5 Stunden und 20 Minuten den 30er beenden. Danach entschieden wir uns, dass wir die 100 km ebenfalls in der Konstellation laufen wollen.
Robert war beim Marsch mit seinem Ziehwagen dabei, um für Verpflegung und das Mitführen eventuell benötigter Dinge zu sorgen. Unter anderem hatte ich auch ein paar Laufschuhe dabei, da ich nicht wusste, wie weit ich in den Haix laufen kann. Natürlich waren auch noch Dinge wie Blasenpflaster, Ersatzsocken, Powerbank, Ladekabel mit dabei. Der Wagen wog am Ende mit viel zu viel Essen und Trinken deutlich über 20 Kilo.


Dann war er da, der 28.12.2019 – Robert musste bis 13 Uhr arbeiten, kam direkt danach zu mir. Wir waren beide heiß auf das Abenteuer. Am Vorabend packte ich schon alle Dinge zusammen, beklebte die Atemluftflasche noch mit einem Hinweis der Tour, damit Spaziergänger vielleicht lesen können, was wir da machen in diesen kommenden Stunden. Bereits vor Roberts Ankunft hatte ich alle Dinge nach unten getragen, noch kurz geduscht und mich dann mental auf den Marsch vorbereitet. Da ich mit meinem „Teilen-Finger“ bei Facebook auch immer relativ schnell bin, war natürlich ein gewisser Druck für mich da, nicht nach 20 km das Handtuch zu werfen.
Robert kam wie immer gut gelaunt am Parkplatz an und wir verstauten meine Sachen noch in seinem BenPacker Ziehwagen. Um 13:45 Uhr liefen wir dann zum Gerätehaus der Feuerwehr Altenberg. Dort warteten 3 Kameraden und ein Reporter der Fürther Nachrichten auf unseren Start. Mit einem kleinem „Löschzwerg“ – Bier haben wir noch mal auf die bald beginnende Knechterei angestoßen. Der nette Redakteur machte noch ein paar Fotos von uns und dann sprang die Uhr auch schon auf 14:30 Uhr.



Wir marschierten los, Kopf aus, Füße auf schmerzfrei geschaltet und den GPS-Tracker angeworfen, damit die Follower unseren Fortschritt live mitverfolgen konnten.
Nach den ersten Kilometern erreichten wir dann auch den Main-Donau-Kanal, ein Bauwerk, was uns für viele Stunden begleitet und mental an unsere Grenzen kommen lassen wird. Endlose Kilometer nur gerade aus, das Ferne bleibt endlos fern, dauert ewig, bis man es erreicht.

Nach den ersten 10 Kilometern, ca 1:45 Stunden später war die Stimmung super und die Dämmerung fing langsam an einzusetzen.
Ab etwa 20 Kilometern bemerkte ich allerdings, dass ich an den Hacken die ersten Anzeichen von Blasen bekomme. Bei Kilometer 25 machten wir eine kleine Pause von 2 Minuten, der Helm war komplett nass geschwitzt, ebenso auch die Schuhe und die Uniform. Das Problem mit den Schuhen ist enorm gewesen. Die Füße sind zu schwitzig, um mit Blasenpflaster und Co dagegen zu steuern. Also musste ich da durch – für mich war aber klar, die 50 km laufe ich in den Einsatzstiefeln, komme was wolle.
Nachdem wir bei Hausen von meiner Freundin mit 2 Hamburgern verwöhnt wurden, packten wir aus dem komplett eingefrorenem BenPacker die kleine Musikbox aus, wählten alte Lieder der „Neuen Deutschen Welle“ und marschierten mit Codo „Düse im Sauseschritt“ von DÖF mit guter Laune weiter in Richtung Wendepunkt.
Kurz nach Mitternacht erreichten wir dann den Wendepunkt in Altendorf. 50 km liegen hinter uns, 50 lange Kilometer vor uns. Aber die erste Hürde ist geschafft. Der Schweinehund im Kopf ein kleines bisschen verdrängt. Mein Freund Jochen wollte uns dort mit Kaffee und Burger versorgen und uns natürlich motivieren, falls wir mental in einem Loch wären. Jochen war allerdings nicht da. Zack, Taschenlampenlicht auf Robert und mich. Ich erkannte nicht, wer da ist, dachte, dass wäre Jochen, obwohl er am Telefon meinte, das er noch ein paar Minuten braucht. Wer versteckt sich hinter dem Lichtkegel? Die Worte: „So, Ausrüstungskontrolle!“ verrieten Tobi, einen Kameraden der Feuerwehr Oberasbach und meinen Mentor auf dem Rettungswagen. Ich war total aus dem Häuschen, das Tobias mitten in der Nacht diesen Weg auf sich nahm, um uns bei Kilometer 50 zu besuchen. Ich wollte eigentlich die Schuhe nicht ausziehen, da ich die Blasen gar nicht sehen wollte. Das sie bereits offen sind und wahrscheinlich etwas bluteten, dachte ich mir. Jochen kam dann auch mit warmen Kaffee und versorgte uns erst mal mit dem warmen Gebräu. Ein Königreich für unsere ausgekühlten Körper, da wir außer extrem kalter Luft und gefühlt noch kälteren Getränken aus dem BenPacker nichts Warmes dabei hatten. Unsere Lungen pfiffen, die Atmung viel teilweise aufgrund der Kälte schwer, aber jetzt war der Kaffee da.
Nach dem ersten Becher Kaffee und der Anwesenheit von Tobi, der mich medizinisch in dieser Situation garantiert optimal versorgen konnte, entschloss ich mich dann doch, einen Blick unter die bereits blutigen Socken zu werfen.
Und da war sie – die Mutter aller Blasen! Ein Monster, welches aussah, wie eine Mischung aus Erfrierung, totem Gewebe und abgehangenem Schweinefleisch in der Metzgerei kurz nach dem Schlachten. Jedenfalls mit dem ganzen Blut und der Farbe die von den Schuhen und den Socken auf den offenen Hautpartien unter der Blase sich gefangen hatten.




Schmerztechnisch wenn man das, wie üblich beim Rettungsdienst mit einer Zahl von 1 (gar kein Schmerz) bis 10 (der schlimmste Schmerz den man sich vorstellen kann), angeben muss, war es bei mir zwischen 1 – 2. Bei dem Anblick eigentlich fast nicht vorstellbar, aber tatsächlich so gewesen.
Tobi säuberte die offenen Blasen, verband sie mit jeweils einem Verbandpäckchen und tapte das Ganze dann schön fest.
Zack, mit Gewalt ging es dann auch irgendwie in den Schuh zurück. Ab da stand für mich fest, die Schuhe bleiben entweder bis Km 100 an, oder ich gebe vorher auf. Auf die Turnschuhe zu wechseln wäre keine Option mehr gewesen. Aufgrund der starken Nässebildung und dem Blut hätte ich mir bei einem Schuhwechsel eh nur die teueren Nikes versaut.
Um kurz nach ein Uhr morgens, ging unsere Reise dann wieder zurück nach Oberasbach. Die Hacken verbunden, der Kaffee hat uns gewärmt und ein wenig gepushed. Voller Elan geht es mit leicht schmerzenden Fersen los – wieder die endlosen langen Wege am Kanal, die schier unendbar schienen.
Bei Kilometer 63, dort wo wir am Hinweg den Hamburger bekamen, war es um 4 Uhr mit am kältesten für uns auf der Strecke. Der Ziehwagen war zu diesem Zeitpunkt komplett eingefroren, die Getränke hatten ebenfalls den Aggregatzustand ein wenig verändert. Nach weniger als einer Minute absetzen des Helmes, war das Stirnleder bereits gefroren. Beim Aufsetzen war das ein bekanntes Gefühl – Hirnfrost … Dieses Gefühl, wenn man ein Slush-Eis in kürzester Zeit einfach zu schnell aufnimmt.


6 Uhr, etwa 75 Kilometer – absoluter Tiefpunkt. Die Fersen gehen, der Kopf ist leer. Man marschiert vor sich hin, hat einen eingefahrenen Trott, in dem man einen Schritt vor den Nächsten setzt. Keine großen Gespräche, jeder kämpft mit der Müdigkeit, der Kälte, der Erschöpfung und ich mit den Blasen an den Hacken. Die Kälte lässt die Lunge bereits beim Atmen leicht schmerzen, die Fußballen schmerzen vom Stiefel, sogar zum Essen und Trinken zu müde oder zu faul – man weiss es nicht. Das ist jedenfalls diese Leere und die Einsamkeit, die einen mit sich stark ringen lässt, ob man denn überhaupt weiter machen soll. Das sind die kritischen Kilometer.
Für solche Momente habe ich einen Spruch von Robert gelernt, der mir in solchen Situationen definitiv hilft: „Ich will es, ich kann es, ich schaff es“. Eine deutliche Kampfansage an den kleinen Schweinehund im Kopf, an die Füße und die Blasen und an jegliches Zweifeln, was gegen die 100 km sprechen würde. Irgendwann geht’s dann auch wieder, man ist raus aus diesem Loch, hat wieder sein Ziel vor Augen und die Motivation wieder gefunden.
Bei 80 Kilometer hat uns nochmals Tobi auf der Strecke besucht und uns mit warmen Tee versorgt, da er unsere Beträge via Telegram-Kanal verfolgte und sah, wie kalt es uns war. Der Tee und auch der Besuch von Tobi waren wieder ein kleines Highlight. So etwas motiviert. Es begann zu dämmern, die Sonne versteckte sich zwar noch hinter Erlangen, aber die schöne Rotfärbung des Himmels ließen schon einen sagenhaften Sonnenaufgang erahnen.
Kurz vor 8 Uhr, die Müdigkeit der Nacht ist überwunden, die Sonne geht auf, es wird etwas wärmer. Zwar keine Temperaturen über dem Gefrierpunkt, aber die klirrende Kälte der Nacht haben wir überstanden. Weniger als 20 Kilometer liegen noch auf unserem Marsch vor uns.
Halb elf war es dann soweit! Weniger als 10 Kilometer, einstellig bis zum Ziel. Die Blasen gehen, die rechte Hacke schmerzt etwas mehr. Da die Blase an der rechten Innenseite war und die Wege ständig nach links abfallen verliefen, suchte ich jede noch so erdenkliche Möglichkeit, meinen Fuß beim Aufsetzen nach rechts runter zu entlasten. Schwer zu beschreiben, aber der Boden wurde regelrecht abgescannt, um jede Erhebung so zu nehmen, dass man auf der Schräge nach rechts rüber laufen kann. Macht euch nichts draus, wenn ihr das nicht versteht. Ich würde es wohl auch nicht verstehen, wenn ich nicht wüsste, was ich meine. Aber seid euch sicher, es war dann schon ein wenig Qual. Der Helm war ebenfalls komplett gefroren, der Schweiß in der Uniform wurde wieder etwas erträglicher als in den eiskalten Stunden zuvor. Die Schuhe hatten bereits weiße Ränder an der Außenseite, was davon zeugt, wie arg ich darin geschwitzt habe.
Kurz nachdem wir Burgfarrnbach am Kanal verlassen hatten, klingelte mein Telefon. Meine Schwester war dran. Hektische Atmung, dann rief sie durch den Hörer: „Basti … Basti … „ Ich hatte in dem Moment gedacht, es wäre was passiert. Dann setzte sie den Satz fort: „Wir sind hinter euch und haben Tee dabei!“ Wir drehten uns um und schauten die Gegend ab. „Ganz hinten… Robert, da ist meine Schwester mit Florian und bringen uns Tee“. Meine Schwester sagte, wir sollen doch kurz stehen bleiben. Stehen bleiben? Jetzt? Das kann tödlich für die Füße sein, wo doch jeder Schritt nach der nur noch so kurzen Pause langsam zum Schmerzakt wird. „Yvonne, wir laufen langsam weiter! Stehen bleiben geht gerade nicht mehr.“ Kurze Zeit später rief sie wieder an … Unser langsamer Schritt wäre noch zu schnell, gut es ist auch ne Ecke zum Aufholen gewesen. Aber wir entschlossen uns dann doch, kurz zu warten. Schließlich gab es wieder frischen Tee und der Smalltalk sind für die letzten Kilometer sicherlich noch mal gut.


Nach knappen 5 Minuten marschierten wir weiter. Auf Höhe von Zirndorf / Dambach rief Patrick an, ein Kamerad aus Altenberg und erkundigte sich, wo wir aktuell sind und wie die Lage sei.
Er meinte, er komme uns dann gleich entgegen, mache zuhause nur noch schnell einen Tee für uns und dann kommt er.

Auf Höhe der Pyramide in Fürth kam uns Patrick dann auch schon entgegen. Wir tranken erst mal einen Tee. Im Kopf war bereits klar, dass wir die 100 km packen, für mich stand fest, ich werde die 100 km in dieser Uniform, mit diesem Helm und den Stiefeln bestreiten – ohne auch nur einmal etwas davon nicht am Mann gehabt zu haben. Sollten mir die Hacken bis auf die Knochen runter gelaufen sein, dann krabbel ich die letzten 2 Kilometer, aber ich komme so ins Ziel.
Als wir den Kanal verließen, mussten wir noch mal eine kleine Steigung hinauf zur Rothenburger Straße gehen. Steigungen und die Hacken waren eine doofe Kombination, die man jetzt vielleicht nicht so als Dream-Team betiteln würde. Nun geht es bis auf wenige Meter vor der Feuerwehr die Rothenburger Straße entlang, gerade aus, harter Gehweg.
Klar war man fast am Ziel, aber selbst auf den letzten 2 Kilometern kann noch schnell was passieren, sodass man nicht die 100 km erreichen würde.

Vorbei an der Supol-Tankstelle, weiter Richtung Feuerwehr. Auf Höhe der Jet-Tankstelle stand Freund und Kamerad Thomas mit dem Handy da, filmte unsere Ankunft und lief neben uns die letzten hundert Meter. Wie auch letztes Jahr schon, wollten wir die letzten Meter ins Ziel joggen. Egal was die Füße machen, egal was der Kopf sagt.
Ich bog in die Kurt-Schuhmacher-Straße ein – Zielgerade!
Auf Höhe der Feuerwache sah ich einen Mann auf einem Cajon sitzen. Cajons sind diese „Holzkisten“ auf denen man trommelt. Nach einigen Metern konnte ich meinen Augen kaum trauen. Da standen zahlreiche Kameraden der Feuerwehr Altenberg und Oberasbach, um uns an unserem Ziel zu empfangen. Die beiden Feuerwehrfahrzeuge standen ebenfalls mit Blaulicht da.
Mit Applaus und Sektdusche wurden wir um 12:20 Uhr in Empfang genommen. Man steht aber irgendwie neben sich. Man ist gelaufen – ein bisschen weiter als sonst, aber irgendwie kann man das meistens gar nicht so realisieren.

Ich freute mich über jeden, der dort auf uns gewartet hatte. Und ich freute mich auf ein Bier, darauf das ich die Flasche endlich vom Rücken ablegen konnte, den Gürtel um den Bauch öffnen und ebenfalls ablegen durfte und die Uniform etwas aufzumachen. Nach Small-Talk, Glückwünschen und einem zweiten Bier ging ich dann nach etwa einer Stunde nach Hause. Ich stand vor der großen Herausforderung, die Schuhe zu öffnen und die Socken auszuziehen. Im Hausgang setze ich mich auf die Treppe, öffnete die Schuhe und mit etwas Kraft gelang es mir, aus den Schuhen heraus zu kommen.
Die Socken, nagelneue Falke TK4, waren durchgelaufen. Sie waren noch etwas blutiger als bei Kilometer 50. Ich zog die Socken aus. Der Verband von Tobi war noch perfekt, aber an den Blasenstellen durchgeblutet. Die Fußballen waren aufgeweicht vom Schweiß und die Zehen angeschwollen.

Ich schnitt den Verband auf – die Blasen sahen im Vergleich zu Kilometer 50 nicht wirklich schlimmer aus. Ich war gespannt, wie sich der Schmerz unter der Dusche bemerkbar machen würde. Also ab unter die Dusche, bevor das Bett mich hat. Die Schmerzen der Blasen unter der Dusche waren ebenfalls sehr human, auch als ich die Wunden ausgewaschen habe. Nach der Dusche wurden die Füße mit Vaseline und Verband versorgt und ich legte mich schlafen. Die Nacht war relativ unruhig. Ich hatte Hunger-Attacken, stand auf, aß Salat, Kartoffel, Rindersuppe. Der Körper lief noch etwas Hochtourig mit einer 90er Frequenz, bis ich dann schließlich irgendwann eingeschlafen bin.
Am nächsten Morgen musste ich wieder fit sein – die Arbeit ruft. Um 9 Uhr muss ich auf Arbeit meinen Dienst antreten. Abend ab 19 Uhr hatte ich mich auch noch eingeteilt als 3. Mann auf dem Rettungswagen. Also stand mir ein knackiger Tag bevor. Direkt nach einem knackigen Tag – könnte als knackig werden.
Aber es ging, ich verband die Hacken wie es Tobi gemacht hatte, und es war selbst am Abend in den gleichen Schuhen vom Marsch, welche ich beim Rettungsdienst auch trage, sehr erträglich.
Also konnte ich beide Schichten erfolgreich beenden. Das war mir wichtig, dass ich da nicht irgendwo ausfalle, wegen eines Marsches. Schließlich habe ich auch da meine Verpflichtungen.
Die Blasen heilten relativ flott ab, sodass ich bereits nach kurzer Zeit keinerlei Probleme beim Laufen hatte. Gut, 100 km muss ich jetzt nicht im Januar wieder machen, aber das Jahr hat ja noch weitere 11 Monate. Und so werde ich bestimmt unter diesem Motto auch dieses Jahr wieder was Verrücktes anstellen.

Ich habe noch ein paar Daten und Fakten zum Marsch für euch:
Laufleistung: 100 km
Verbrauchte Energie: 19500 kcal
Gelaufene Schritte: 137500 Schritte
⌀-Herzfrequenz: 130
Power: 1542 Intensitätsminuten (Aktivitäten mit mäßiger bis hoher Intensität werden dann angerechnet, wenn mindestens 10 Minuten durchgehend aktiv. )
Und eine Sache was mich persönlich sehr stolz macht, ich habe auch in die Richtung viel recherchiert und nichts gefunden, bis auf die beiden offiziellen Rekorde:
Demnach habe ich die deutsche Bestzeit auf 100 km unter kompletter Feuerwehruniform mit einer Zeit von 21:50 Minuten um 1:05 Stunden geschlagen.
Ohne Vorbereitung, ohne großen Support!
Ich habe jeden Kilometer gerne gelaufen, vor allem für dieses wunderbare Motto. Und hat es auch mal leicht geschmerzt:
Schmerz vergeht, Stolz bleibt!
In diesem Sinne – bis zu unserer nächsten Schandtat!
Ich möchte mich noch bei meinem Freund und Mitstreiter Robert Wimmer bedanken, dass er mir bei dieser Tour zur Seite stand. Danke Robert für jeden Kilometer, die Strapazen, aber auch für die aufbauenden Worte unterwegs. Ich freu mich auf die nächsten Lumpereien mit dir 🙂
Ein großes Dankeschön an alle Follower, an die Leute, die mich von Anfang an bei dieser Idee unterstützt haben. Ein großes Dankeschön an die Rangau Firefighters e.V., die Feuerwehr Oberasbach, die Feuerwehr Altenberg, die Kommandanten der Wehren, die Fürther Nachrichten für den super Artikel zu diesem Thema und an Radio Galaxy für das Interview.
Gesondert möchte ich mich noch mal bei Tobias bedanken: Ohne dich wüsste ich nicht, ob ich die 100 km gepackt hätte. Die Versorgung der Füße, die Versorgung mit dem Tee – Tobi du hast was gut bei mir! Danke auch an die übrigen Versorger auf der Strecke. Das hat uns echt das Leben erleichtert auf diesen 100 km.
Danke euch allen!

